»Man muss lieben, was man sendet«

Interview von Rupert Sommer mit Wolfgang Lanzenberger

In der Magie des Augenblicks und der perfekt aufbereiteten Authentizität liegt die Kraft des Live-Fernsehens. Live-Inszenierungen machen Fernsehen auch heute noch – etwa dank mitreißender Sportübertragungen, großer Shows, aber auch an Dramatik und Aktualität kaum zu überbietender Nachrichtensendungen – zum Talk of Town und damit zum wahren Massenmedium. Doch was auf dem Bildschirm mitreißend wirkt, muss hinter den Kulissen bestens vorgeplant, beherrschbar strukturiert und mit kühlem Kopf souverän umgesetzt werden.
Wolfgang Lanzenberger kennt die täglichen Herausforderungen, aber auch den unvergleichlichen Reiz des Live-Betriebs als Leiter Regie der ProSiebenSat.1 Produktion in München wie kaum ein Zweiter. Als Studio-Regisseur prägt er das Gesicht zahlreicher Fernsehformate. Sein Wirken reicht von den Anfängen des Privatfernsehens in einem einstigen Kellerstudio in München-Schwabing bis hin zum Hightech-TV-Standort in München-Unterföhring. Heute zählt die dort beheimatete ProSiebenSat.1 Group zu den größten unabhängigen Medienhäusern in Europa.

 

Herr Lanzenberger, inwieweit kann man den Live-Betrieb aus Sicht eines Profis als die Königsdisziplin des Fernsehens bezeichnen?

Beim Live-Fernsehen kommt vieles zusammen. Man kann es wie eine Aufführung oder manchmal auch wie eine Premiere sehen. Wenn sich der Vorhang öffnet, dann gibt kein Zurück mehr. Die Tatsache, dass bei Live-Sendungen quasi im Echtzeit-Modus gearbeitet wird, stellt gerade Neulinge vor große Herausforderungen. Jeder, der zum ersten Mal live vor oder hinter der Kamera tätig ist, spürt, dass Live-Fernsehen eine komplett andere Welt ist.

Welche Fähigkeiten und Kenntnisse muss man mitbringen, um diesen Aufgaben gewachsen zu sein?

Neben den journalistischen und dramaturgischen Kompetenzen zählen live vor allem Schnelligkeit und die Fähigkeit, viele Reize parallel verarbeiten zu können. Während bei einem Filmdreh step-by-step gearbeitet wird, müssen bei einer Live-Produktion viele Dinge zeitgleich erledigt werden. Statt nur einer Kamera nehmen gleich mehrere Kameras auf. Die Schnittfolge wird sofort festgelegt – und nicht erst in der Postproduktion. Die Gleichzeitigkeit von Produktion, Postproduktion und Konsumption macht den besonderen Live-Kitzel aus.

Wie sehr erhöht sich der Druck, wenn man gleichzeitig auch noch die Wirkung auf die Fernsehzuschauer berücksichtigen muss?

Das Wissen um die Tatsache, dass ein Millionenpublikum just in dem Moment der Herstellung, zusieht, ist prägend für die Live-Situation. Man weiß ja nie so genau, wie sich die Dinge vor der Kamera entwickeln. Trotzdem braucht es schnelle Entscheidungen. Und – ganz wichtig – man sollte immer eine Back-up-Lösung in der Hinterhand haben. Man hat eben nur eine Chance und keine zweite. Alles, was sich vor und hinter der Kamera abspielt, ist relevant. Und alles kann schief gehen, wenn man live On-Air ist. Das erfordert einerseits ausgeschlafene Köpfe, verlangt aber auch viel Professionalität von jedem Einzelnen. Es braucht Leidenschaft – und manchmal auch Leidensfähigkeit –, dieser Tätigkeit nachzugehen.

Wie lassen sich aus Sicht der Sendungs-Verantwortlichen die Risiken von Live-Übertragungen minimieren?

Ganz klar durch Vorbereitung. Der Erfolg einer Live-Sendung hängt maßgeblich davon ab, wie im Vorfeld gearbeitet wurde. Oftmals ist die Vorbereitung sogar die spannendere Phase einer Produktion. Vielfach wird live „nur“ noch abgearbeitet. Damit alles wie am Schnürchen läuft, ist ein Gerüst notwendig, ein Plan und verbindliche Absprachen zwischen den einzelnen Gewerken. Schließlich ist es wichtig, die richtigen Leute am Start zu haben. Kameraleute etwa, die gute Bilder im richtigen Moment anbieten. Der Kollege am Bildmischer muss es im Blut haben, im richtigen Moment den Schnitt auf die richtige Kamera zu setzen. Besonders Kamera und Bildschnitt müssen gut zusammen spielen.

Viele Fernsehzuschauer erinnern sich besonders intensiv, aber auch gerne an Fernsehmomente, die Gänsehaut erzeugen, aber auch an solche, in denen Unerwartetes geschah – bis hin zu lustigen Pannen. Leider wirkt es oft so, als ob diese im sehr kontrollierten TV-Betrieb immer seltener werden. Inwiefern ärgert oder verwundert es einen erfahrenen Macher, wenn gerade solche Momente in Erinnerung bleiben?

Natürlich wurmt es einen als Fernsehmacher, wenn live etwas schief geht. Unter dem Druck des „Senden-Müssens“ ereignet sich schon mal die eine oder andere Panne – und die wie so oft an völlig unerwarteter Stelle. Zu vorgerückter Stunde und in launigen Momenten erzählen man sich diese Geschichten noch Jahre danach. Was man gemeinsam durchlebt hat, schweißt zusammen. Das Lebendighalten der Fernsehanekdoten ist wohl auch eine Art Bewältigungsstrategie. Die eigenen Fehler schmerzen allerdings am meisten, während man die Fehler der anderen gelassener gegenüber steht. Im Allgemeinen verwenden Fernsehmacher viel Zeit darauf, Fehler erst gar nicht entstehen zu lassen. Im Live-Betrieb zählen vor allem Präzision und reibungsloser Sendeablauf.

Inwiefern sind Fernsehverantwortliche durchaus gut beraten, wenn Sie trotz aller professioneller Planungen für möglichst viele Unwägbarkeiten beim Live-Fernsehen auch das Nicht-Perfekte zulassen?

Die Älteren werden sich noch daran erinnern, dass früher bei den Nachrichten – als der Teleprompter noch nicht erfunden – „ganz analog“ ein Blatt hereingereicht wurde. Dies war immer der Moment, der einen als Zuschauer besonders aufmerken ließ. In der heutigen, überperfektionierten Fernsehwelt sind solche Momente selten geworden. Aktualisierungen laufen über das Earpiece des Moderators. Ich wage zu behaupten, dass vieles beim Fernsehen zu perfektionistisch daher kommt, oft fehlt es an Menschlichem. Denn auch das Nicht-Perfekte hat seinen Charme. Klinisch rein zu bleiben, macht zum Beispiel in der Unterhaltung manchmal wenig Sinn. Gerade das Live-Fernsehen lebt doch von seinen Ecken und Kanten. Den Zuschauer interessiert immer, wie die Akteure reagieren, wenn live unerwartete Dinge geschehen.

Haben Sie ein Rezept dafür, wie man zu „klinisch-reinem“ Fernsehen entgegenwirken könnte?

Bei Voraufzeichnungen kommt es schon mal vor, dass wir kleinere Missgeschickte bewusst stehen lassen. Das führt zwar regelmäßig zu Diskussionen, weil natürlich jeder sein Bestes geben und sich von seiner besten Seite zeigen will. In der Regel ist man dazu geneigt, so lange zu wiederholen, bis die Aufnahme tip-top sitzt. Moderatoren murren gerne, wenn die Regie einen kleinen Versprecher kauft. Anderseits finden sie es „nicht so schlimm“, wenn eine Kamerafahrt etwas ruckelig daherkommt, die Moderation aber ansonsten perfekt war. Viele Kollegen wollen es nicht wahrhaben, dass man sich auch „tot-planen“ und „tot-proben“ kann. Allerdings darf man es im Live-Modus mit den Unwägbarkeiten und der Spontanität nicht zu weit treiben, sonst entgleitet einem die Sendung. Eine gesunde Mischung aus Planung und Spontanität macht den Erfolg einer Live-Sendung aus.

Lassen sich Gänsehaut-Moment wirklich planen oder sind sie ein Glücksfall, der sich kaum „herstellen“ lässt?

Sieht man von WM-Fußballübertragungen ab, die reichlich gesät sind mit Gänsehaut-Momenten, ereignen sich die wirklich große Live-Momente meist ohne Vorankündigen aus heiterem Himmel. Wenn zum Beispiel der große Marcel Reich-Ranicki vor einem staunenden Saalpublikum einen Fernsehpreis zurückgibt, Günther Jauch und Marcel Reiff im berühmten „Torfall von Madrid“ lange Sendestrecken mit Fußball-Philosophischem füllen müssen oder wenn der Schauspieler Til Schweiger in einer Talkshow-Zuschaltung zumindest den Verdacht zuließ, ein wenig angetrunken zu sein, dann kann Live-Fernsehen zu großer Form auflaufen. Solche Sternstunden wünscht sich jeder Fernsehmacher. Wohl gemerkt: Planen lässt sich so etwas natürlich nicht.

Für den mit allen Wassern gewaschenen Praktiker, der seine Arbeitsmotivation und Energie aus der konzentrierten Anspannung im Studio oder im Ü-Wagen zieht, kann es nur einen Königsweg zum Zuschauer geben – eine Wertschätzung der Live-Qualitäten des Fernsehens.

Stimmt. Kaum eine andere Produktionsform vermittelt Inhalte so emotional und so intensiv wie das Live-Fernsehen. Egal ob bei Nachrichten, Magazinen oder Eventübertragungen, bis hin zur unterhaltenden Show: Live-Fernsehen kann unbewusst Empfindungen auslösen – ich vermute mal auch aufgrund der bereits angesprochenen Rezeptionssituation. Vielfach entscheiden die gestalterischen Qualitäten einer Sendung, ob sich der Zuschauer angesprochen fühlt. Er kann das zwar nicht benennen, aber er spürt, was Qualität hat und was nicht.

Wie genau definieren Sie denn diesen Anspruch „Qualität“ für sich?

Fernsehjournalisten, die sich zumeist stark dem Inhalt verpflichtet fühlen, sollten wissen, dass die entscheidende Botschaft einer Sendung manchmal ganz wo anders zu finden ist, als dort, wo sie eigentlich vermutet wird. Die Präsentation spielt heute eine wesentliche Rolle. Neben dem Inhalt, dem „Was“, kommt es heute ganz entscheidend auf die Form, das „Wie“, an. Gute Bildgestaltung etwa wird gar nicht bewusst wahrgenommen. Kaum ein Zuschauer achtet auf die Lichtführung, die Effekte von Bildübergängen oder auf die Schnittfolge in einer Talkshow. Als Fernsehmacher muss man die Sehgewohnheiten stets im Blick behalten. Vom Zuschauer kann man diesen analytischen Blick nicht erwarten, von Fernsehprofis hingegen schon. In der Fernsehumsetzung geht es heute verstärkt darum – und das betrifft alle Genres – ein Maximum an Atmosphäre und Spannung herauszuholen.

Welche Chancen bieten Mischformen, die wie echtes „Live-Fernsehen“ wirken, aber dennoch den Zufall kontrollierbar erscheinen lassen?

Sie sprechen da ein wichtiges Thema an. Denn es ist längst nicht alles live, was nach Live-Fernsehen ausschaut. In der auf Effizienz getrimmten Herstellung von Fernsehprogrammen hat sich zunehmend die Live-on-tape-Produktionsweise durchgesetzt. Das heißt, eine Show, die etwa vor Publikum aufgezeichnet wird, läuft 1:1 durch. Später wird nachbearbeitet. Hilfreich erweisen hier sich die sogenannten „abgesteckten Kameras“, die zusätzlich zum Mischbild separat aufgezeichnet werden und mit denen sich der Bildschnitt wunderbar optimieren lässt. Vielfach entsteht erst in der Postproduktion jene Intensität der Shows, wie wir sie kennen, weil dort nachgebessert oder Showauftritte nach dramaturgischen Gesichtpunkten umgestellt oder gekürzt werden können. Eine beliebte Methode ist dabei, besonders emotionale Momente durch Zeitlupen zu strecken oder das Showgeschehen mit Effektsounds zu unterlegen. Live wäre dies in einer solchen Intensität nicht möglich. So gesehen wundert es nicht, dass bei Casting-Shows – wenn sie in die Live-Phase treten – die Quote manchmal in die Knie geht. Weil es live oft nur noch laut und kreischend zugeht und weniger dramaturgisch bzw. fernsehtechnisch raffiniert, flaut das Zuschauerinteresse am Ende einer Staffel schon mal ab. Anders gesagt: Pseudo-Live kann stärker sein als tatsächliches Live.

Welche Arten von Fernsehsendungen erlauben es erfahrenen Live-Regisseuren am besten, ihre Stärken auszuspielen?

Jeder Regisseur hat seine Vorlieben. Es gibt nur wenige Kollegen, die alle Genres gleich gut beherrschen. Ich zum Beispiel war lange Zeit in der Nachrichtenherstellung tätig, und meine beruflichen Höhepunkte erlebte ich in Breaking-News-Sendungen. Heute fühle ich mich im Magazin-Bereich zuhause. Bei einer Sportübertragung würde ich wohl gnadenlos einbrechen. Es gibt Regisseure und Bildmischer, die sich auf bestimmte Sportarten spezialisiert haben, Fußball zum Beispiel, und dort mühelos 20 Kameras und mehr im Griff haben. Andere haben sich Konzertübertragungen der klassischen Musik verschrieben. Sie lesen die Partitur mit, während sie Regie führen, um zu wissen, wann die Oboe einsetzt, um darauf in der Bildführung vorbereitet zu sein. Das Spektrum der Live-Regie ist breit. Entscheidend ist die Leidenschaft, die man mitbringt und die sich über die Jahre entwickelt. Man muss lieben, was man sendet.

Wie sehen Sie Ihre eigene Rolle in der Studioregie?

In der Studio-Regie ist die Frage der Umsetzung zentral. Im Zentrum stehen die Gestaltungsfragen, etwa die Frage, wie ein Studiogeschehen mit mehreren Kameras aufgelöst werden soll. Zudem gehört die Ablaufsteuerung während einer Live-Sendung zur Aufgabe der Regie. Man kann sich diese Tätigkeit vorstellen wie die eines Dirigenten: Der Regisseur achtet auf alles, legt das Timing fest und gibt die Einsätze. Er muss dabei die einzelnen Instrumente nicht selbst beherrschen, aber hören wenn eines falsch spielt.

Eingespielte Abläufe und eine perfekte Sendungsvorbereitung sind das A und O. Wie viel Raum lässt das alltägliche Gerüst souveränen Live-Regisseure in ihren Entscheidungen?

Das kommt auf das Genre an. Bei aktuellen Informationssendungen ist der Ablauf eng getaktet. Nachrichten haben eine klare Struktur: Opening/Moderationen/Beitrag-Moderation-Live-Schalte-Nif-Block. Gestalterisch lässt dies wenig Spielraum, es sei denn, man ist an der Entwicklung beteiligt. Aber man darf sich nicht täuschen lassen: Eine Tagesthemensendung arbeitet auch mit sechs Kameras – übrigens Robotic-Kameras. Es sind mehrere Übergaben pro Sendung drin, so wie verschiedene Ansichten des News-Anchors. Und dann gibt da ja auch noch diese langen Gänge an den Rückprojektionen entlang, um genau das starre Schema der Nachrichten aufzubrechen. Doch zugegeben: Andere Genres lassen natürlich noch mehr Spielraum in der Gestaltung.

Wie viele „Leitplanken“ braucht eine Sendung, um erfolgreich werden zu können und inwieweit schränkt der Boom des Formatfernsehens die Kreativität der Verantwortlichen ein?

In der Tat ist das Live-Fernsehen meist stark durchformatiert. Das hat einerseits den Vorteil, dass Klarheit herrscht, was die Sende-Inhalte und Präsentationsformen angeht. Da Formate auf Zielgruppen zugeschnitten sind und seriell produziert wird, ermöglichen die Standardisierungen viel Programm in kurzer Zeit zu produzieren – ein Wettbewerbsvorteil also. Anderseits sollte man die Nachteile nicht verschweigen. Sie haben das bereits angesprochen: Formatierung kann bedeuten, dass die Gestaltungsmöglichkeiten eingeschränkt sind. Bei Lizenzformaten etwa sind die Details bis hin zu den framegenauen Blendgeschwindigkeiten festgeschrieben. Ich habe schon Pflichtenheft gesehen, die mehrere hundert Seiten umfassen. Doch das ist nicht überall so. Ein Format wie „Galileo“ etwa bietet die Möglichkeit, immer wieder neue Dinge auszuprobieren,. Zwar bleiben das Studio-Set, das Logo und die Sendungsverpackung für einen gewissen Zeitraum gleich, aber der Anteil an variablen Elementen ist doch groß. So leuchten wir beispielsweise jede Moderation täglich neu ein und versuchen dabei das Thema der jeweiligen Moderation atmosphärisch aufzugreifen. Wenn es sich anbietet, senden wir vom Dach des Studios. Im Übrigen entwickeln sich Formate auch weiter, müssen sie auch, und in solchen Phasen können sich alle Fernsehmacher kreativ einbringen.

Wie groß ist denn die Variationsbreite der Fernseh-Formen? Und welchen Moden unterliegen sie?

Während die Inhalte ständig wechseln, bleiben die Präsentationsformen weitgehend gleich; für einen gewissen Zeitraum zumindest. Die formalen Aspekte sind die große Konstante bei Fernsehsendungen. Das Studio-Set etwa dient der Verortung des Sendeformates. Es gibt den Moderatoren ein Zuhause, in dem sie sich wohlfühlen. Von dort aus transportieren sie die Inhalte nach außen. Ohne dieses feste Erscheinungsbild des Studios wäre eine Wiederkennung nicht möglich.

Trotzdem, in wie weit haben sich die Anforderungen an die Fernsehmacher, was das Formale angeht, verschärft?

Die Ansprüche an die Präsentationsformen sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Eine dramaturgische Aufbereitung der Themen ist Pflicht, ebenso eine ansprechende optische Umsetzung. Doch, ehrlich gesagt, da ist noch Luft nach oben. Zwar gibt es hervorragende Designer, aber am Zusammenspiel zwischen Redaktionen, Marketing und den kreativen Gewerken hapert es manchmal. Bei den Entscheidungsträgern vermisse ich manchmal den Mut zum Anderssein. Die Schablonenhaftigkeit, mit der bisweilen Live-Programme abgespult werden, steht im Widerspruch zu den Möglichkeiten, die ein Studio sonst noch bietet. Während zum Beispiel in Beiträgen oftmals ein Film-Look angesagt ist, und manche Beiträge vor raffinierten Umsetzungen nur so strotzen, geht es im Studio doch weitgehend konservativ zu.

Nennen Sie doch ein paar Beispiele, wo es anders gemacht wurde?

Die bedauerlicherweise eingestellte Talkshow „Roche & Böhmermann“ wäre so ein Beispiel dafür, wie man mit einer frechen Inszenierung neue Pfade der Studiopräsentation einschlagen kann. Man verpasste der Sendung einen eigenartigen Retro-Look, mit den merkwürdig entsättigten Farben und schrägen Details wie Mikrophonen am Tisch von anno dazumal. Das hatte wirklich Kult.

Aber Live-Fernsehen beansprucht doch genau Direktheit? Da scheint doch für „Lackieren“ kaum Platz.

Natürlich, es ist nicht so, dass Design und Oberfläche immer ausschlaggebend sind. Man sollte nicht vergessen, dass es auch ganz andere Live-Ereignisse gibt. Die nämlich, die um ihrer selbst willen und in nahezu unbearbeiteter Form gesendet werden. Hierzu zählt beispielsweise die Übertragung einer Bundestagsdebatte in voller Länge auf dem Ereigniskanal Phoenix. Allerdings finden solche Fernsehübertragungen nahezu unbemerkt und in den letzten verbliebenen Programm-Nischen statt.

Kann man sagen, dass sich das Fernsehen und damit auch die Ansprüche an die Fernseh-Ästhetik aufgrund des medialen Fortschritts radikal wandeln?

Ich meine schon. Verglichen mit den hektischen Programmierungen und Umprogrammierungen dieser Tage wirkt das Fernsehen in den 60er- und 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts wie ein langer ruhiger Fluss. Eingeführte Sendungen hatten teilweise über Jahrzehnte Bestand. Ein schönes Beispiel für die Kontinuität in der alten Welt des Fernsehens ist die Sendung „Was bin ich?“ Manchen dürfte dieser Fernsehklassiker noch ein Begriff sein, bei dem jedes Ratespiel mit der legendären Frage „Welches Schweinderl hätten S’ denn gern?“ eingeleitet wurde. Die sparsame Kulisse, der verhaltene Applaus, die unaufgeregte Art des Moderators Robert Lembke, das Rateteam mit den Augenmasken – all das wirkt in der Gegenwart wie aus dem Tertiär des Fernsehzeitalters. Viele vermissen diese Gemütlichkeit; eine Ruhe, die das Fernsehen von damals ausstrahlte und womit es vielleicht sogar ein Heimatgefühl vermittelte. Doch nostalgische Gefühle sind ein schlechter Ratgeber für Fernsehmacher. Heute wäre diese Schlichtheit vermutlich ein Abschalter schlechthin. Fernsehen ist und bleibt ein sehr wandlungsfähiges Medium.

Welche Schlüsse ziehen Sie daraus praktisch für Ihre Regie-Arbeit?

Jeder muss fragen: Bin ich mit meinem Auftritt noch zeitgemäß? Zieht das, was ich sende, überhaupt noch? Inhalte und Botschaften müssen noch klarer sein, damit sie gehört werden – und die Form der Präsentation noch ansprechender. Zudem sollte sich jeder auf seine Stärken konzentrieren. Beim Fernsehen sind die nun mal die attraktiven Live-Programme. Man könnte auch sagen: Die Möglichkeit des Live-Sendens ist der USP des Fernsehen. Alle anderen Programmangebote werden früher oder später verstärkt über Download abgerufen. Den Möglichkeiten des schnellen Auffindens, der zeitunabhängigen und mobilen Nutzung sowie der Empfehlung durch soziale Netzwerke, hat das Fernsehen nämlich nicht viel entgegenzusetzen. Es sei denn, man tut das, was man besonders gut kann und ist dort erfolgreich.

Wollen Sie damit sagen, dass man nur mehr live senden müsste, um das Fernsehen wieder nach vorne zu bringen?

So pauschal lässt sich das nicht sagen. Natürlich gibt es auch viele Live-Flops. Die Anstrengungen, die Programmanbieter auf sich nehmen, um in dieser Konkurrenzlage zu bestehen, sind eben nicht immer von Erfolg gekrönt. Vor allem haben sie eine nicht enden wollende Überbietungsspirale ausgelöst, die viele Fragen aufwirft.

Braucht es aber nicht genau diese stärkeren Reize, damit Fernsehen überhaupt noch auffällt?

Schon, aber damit allein damit ist es noch nicht getan. Denn wir stellen heute fest: Was früher gut funktioniert hat, funktioniert plötzlich nicht mehr. Viele Sendungen, die lange Bestand hatten, behaupten sich im medialen Overkill nicht mehr so gut. Auch wenn sie getuned und aufgemotzt sind. Die Ratlosigkeit, was man tun könnte, um mehr Quotenerfolg zu haben, ist bisweilen groß. Clevere Sendekonzepte alleine reichen nicht mehr aus. Fernsehen muss heute größer gedacht werden. Das Gesamtpaket muss stimmen. Dazu zählt nicht nur, dass man in der Lage sein muss, auf der Klaviatur der unterschiedlichen Medien und Verbreitungskanäle zu spielen, sondern die Frage beantworten kann, wie sich Fernsehen künftig finanzieren wird. In dieser kritischen Phase befinden wir uns derzeit. Fast könnte man mit nostalgischer Rührung auf die Anfangsjahre zurückblicken, als noch geordnete Verhältnisse herrschten, als es „nur“ darum ging, gutes Programm zu machen. Gut möglich, dass bald verstärkt multimedial verankerte Content-Erlebnisse gefragt sein mögen. Doch hier stehen wir erst am Anfang.

Bei der Fernsehtechnik hat sich vieles getan – bis hin zu raffinierten Digitalkameras, die für den Hausgebrauch erschwinglich sind. Inwieweit erleichtert Ihnen neueste Technik das Live-Fernsehen?

Die gute Nachricht ist, dass Bandbreite dessen, was heute im Live-Bereich möglich ist, größer denn je. So erlauben bestimmte Mobile-Reporting-Tools völlig neue Zugänge zu Themen. Mit einem Rucksacksystem kann man beispielsweise sehr spontan und mit wenig Vorplanung live senden. Genaugenommen stellt bereits ein Smartphone in der Hosentasche eine Live-Übertragungseinheit dar. Die Live-App Periscope dürfte nur der Anfang einer Entwicklung sein: dass wir uns mit immer mehr Echtzeitbildern umgeben. Mit Wetterkameras fing das an. Heute weiß noch keiner so genau, wie Livebilder künftig eingesetzt werden. Mit intelligenter Technik und ebenso intelligenten Ideen könnten ganz andere, aus dem Rahmen fallende Live-Formate viele Sendermarken wieder mehr zum Strahlen bringen. Auch die Kleinen.

Wie ist Ihre Einschätzung? Sehen Sie eine düstere Zukunft für das Fernsehen?

So würde ich es nicht sagen. Denn immer noch sehen jeden Tag sehen über 50 Millionen Menschen in Deutschland fern. TV wird auch künftig das Kraftzentrum bleiben. Aber auf die Frage, mit welchen Fernsehprogrammen junge Zielgruppen künftig noch erreicht werden können, gibt es bis jetzt keine befriedigende Antwort. Der Knackpunkt ist: Wie lässt sich unter dem Angebotsdruck des Internets Fernsehen noch attraktiv halten? Und welche Rolle wird Live-Fernsehen dabei spielen?

Was wollen eigentlich die Zuschauer?

Fakt ist: Mediennutzer sind anspruchsvoll wie nie zuvor. Und Fernsehzuschauer zappen heute nicht nur linear durch die Kanäle, sondern kreuz und quer über Medien, Zeiten über Ländergrenzen hinweg. Immer auf der Suche nach dem nächsten, vermeintlich besseren Angebot, das nur ein paar Klicks weiter entfernt zu sein scheint. Ihre Ungeduld ist groß. Zwar sind die Bedürfnisse der Fernsehzuschauer immer noch die gleichen – denn sie wollen informiert und unterhalten werden – aber das „Wie“ ist ein anderes geworden.

Gibt es auch Momente, wo Sie sich einen anderen Beruf herbeisehen?

Natürlich gibt es solche Momente, wie in jedem anderen Beruf dieser Welt auch. Im Fernsehalltag läuft es nicht immer so rund, wie es für Außenstehende oft den Anschein hat. Da gibt es Planungen, die an der Realität vorbeigehen, oder Technik, die sich manchmal als zickig erweist wie eine Prinzessin bei Hofe. Vieles, was ist in der Theorie gut klingt und auf Papieren vielversprechend aussieht, funktioniert in der Praxis nur eingeschränkt. Ein Schnellschuss, der eilig – vielleicht nach einen Quotendesaster vom Vortag zusammengezimmert wird erweist – sich schon mal als Schuss in den Ofen. Unter dem Druck des Senden-Müssen, der ja im Live-Betrieb immer da ist, verschärft sich so Manches.

Wie muss man sich das atmosphärisch vorstellen? Wie gehen Sie damit um?

Jeder kennt das wahrscheinlich aus seiner eigenen Erfahrung, wenn die Arbeitsumstände am Energiehaushalt zehren. Energie, die man eigentlich gut anderweitig gebrauchen könnte, verpufft dann unnütz. Und ist die Stimmung erst mal eingetrübt, reichen oft Nichtigkeiten aus, um die Situation weiter eskalieren zu lassen. Auch wenn davon vor der Kamera nichts zu spüren ist: Unterhaltung ist eben nicht immer unterhaltend. Besserwisserei und Eitelkeiten sind an der Tagesordnung. In der Hitze des Gefechtes können die Emotionen schon mal hoch kochen, aber das geschieht niemals während einer Live-Sendung. Zur Professionalität im Live-Betrieb gehört, dass man die Sendung bestmöglich durchzieht und Diskussionen auf einen späteren Zeitpunkt verlagert.

Im Sendebetrieb herrschen eigenen Spielregeln. Dort Fuß zu fassen, ist gerade für Einsteiger keine Leichtigkeit. Was raten Sie den Newcomern?

Als Fernsehjournalist sollten sie lernen, sich selbst zu vertrauen. Wenn sie erfolgreich sein wollen, müssen sie Selbstvertrauen entwickeln und dürfen sich von negativen Einflüssen und den Angespanntheiten nicht zu sehr verunsichern lassen. In den Anfangsjahren gelingt das meist schwieriger als mit einigen Berufsjahren auf dem Buckel. Eine gewisse Standfestigkeit ist unumgänglich in diesem Job.

Wie ist das bei Ihnen? Haben Sie sich unter Kontrolle? Sind Sie aufgeregt vor Live-Sendengen?

Früher war ich das mehr, heute weniger. Oder zumindest: ich arbeite daran. Was zählt, ist nicht hektisch aufgekratzt zu sein. Innerlich fokussiert und wach zu sein, ist die beste Voraussetzung für Live-Sendungen. Wichtig ist, dass man die notwendige Konzentration aufbringt, wenn es sein muss auch über Stunden. Ob das immer gelingt, ist eine andere Frage.

Was hat Sie eigentlich dazu bewogen, Ihr Buch über die Live-Regie zu schreiben?

Meines Wissens gibt es kein aktuelles Buch über die Herstellung von Live-Fernsehen. Zwar gibt es ganze Regelmeter zum Thema Storytelling und Drehbuchschreiben, aber kaum Abhandlungen darüber, was im ganz konkret im Studio zu tun ist. Obwohl doch eine beträchtliche Anzahl von Journalisten mit Live-Sendungen beschäftigt ist. Auch in Journalisten-Schulen spielen diese – sagen wir ganz praktischen, handfesten Themen wie Sendeablauf oder technische Anforderung – kaum eine Rolle. Allerdings sind diese Dinge ganz entscheidend im Nahkampf des Fernsehalltags. Als Fernsehneuling wird man meist ins kalte Wasser geschmissen. Entweder man schafft es oder gilt als „nicht live tauglich“ und geht unter. Mit meinem Buch möchte ich Hilfestellung geben.

Warum sollten aber auch Fernsehprofis dieses Buch lesen?

Der Blickwinkel dieses Buches ist immer ein ganz konkreter: Herrschaftswissen soll transparent gemacht werden. Es gilt, ein Schlaglicht auf all die ungeschriebenen Gesetze und Zusammenhänge zu werfen. Die Techniken der Inszenierung kommen dabei ebenso zur Sprache wie die Zwänge der Produktion, die genauer unter die Lupe genommen werden.
Wer dieses Buch liest, für den öffnet sich ein Werkzeugkoffer, dessen Nutzung nach Art einer Do-it-Yourself Anleitung erfolgen kann. Ein immer wiederkehrendes Motiv des Buches ist die Bedeutung des Hand-in-Hand-Arbeitens und des geforderten Verständnisses zwischen den Gewerken.

Warum liegt Ihnen das so besonders am Herzen – gibt es da etwa in der Praxis Missstände?

Das würde ich so nicht sagen. Allerdings sollte man den Stellewert einer Live-Studioproduktion niemals aus den Augen verlieren. So ist „die Sendung“ eine letzte Station vor dem Zuschauer. Die Studioproduktion ist das letzte Glied einer langen Wertschöpfungskette journalistischer Produktion. Sie erhält dort ihr endgültiges Gesicht. Nach der Sendung kommt nichts mehr. Allen Ernstes: Wenn das Signal die Senderegie verlassen hat, dann kommen nur noch Glasfaserkabel, Oszilloskope und Up-Link-Stationen. Das interessiert nur noch Messtechniker und Bildingenieure.

Sie gehen auch detailliert auf die zukünftigen Entwicklungen des Fernsehens und der Fernsehproduktion ein. Auf was müssen sich Volontäre heute einstellen?

Der Wandel des Fernsehens bleibt nicht ohne Folgen für Fernsehjournalisten. Viele bekommen den Druck des Marktes jetzt schon zu spüren. Ihre Arbeit ist zweifellos anstrengender geworden, weil auch der Zuschauer heute anspruchsvoller und fordernder ist. Hinzu kommt der wachsende ökonomische Druck. Denn über allen Aktivitäten schwebt das Effizienzdenken. Zudem ändern sich durch den Prozess der Digitalisierung Aufgaben und Workflows. Doch sollte man darin nicht nur eine Bedrohung, sondern vielmehr eine Chance sehen. Neue Betätigungsfelder tun sich auf, etwa im Social-Media-Bereich oder in der Vermarktung. Wie man in Zeiten des Wandels den Kopf über Wasser hält, ist auch ein Thema dieses Buches.

Das müssen Sie ein wenig erläutern.

Der Digital Turn wirbelt nicht nur Berufsbilder durcheinander, sondern stellt generell das Selbstverständnis in Frage. Journalisten sind heute weit mehr als Produzenten des Inhalts. Sie müssen als Content-Lieferanten multimedial denken und mehrere Plattformen parallel bedienen. Mehr denn je sind journalistische Multifunktions-Genies gefragt. Nicht allen passt das, wenn Redakteure ihre Beiträge selber schneiden und per Headset am Schreibtisch selbst vertonen müssen. Ob man will oder nicht: Bei den News-Channels ist diese Produktionsmethode heute schon Wirklichkeit. Wer weiß schon, dass automatisierte Senderegien mit weniger als drei Personen auskommen? Auch sogenannte Selbstfahrerstudios, wie sie beim Radio Gang und Gäbe sind, sind bei kleinen Regionalsendern oder im Webstreaming bereits Realität. Sendungen könnten theoretisch auch vom Moderator alleine per iPad gefahren werden. Viele Moderatoren bedienen Ihren Teleprompter selbst – per Fußpedal. Alles geht. Wer sich früh mit dem Wandel auseinandersetzt und seine Fähigkeiten einzusetzen weiß, wird auch in der neuen digitalen Fernsehwelt seinen Platz finden – so die frohe Botschaft des Buches.

Was ist für eine zeitgemäße Berufsauffassung aus Ihrer Sicht unabdingbar? Worauf sollten sich Journalisten einstellen?

Der Markt braucht in Zukunft Journalisten, die breiter aufgestellt sind, denen die Bedeutung der Schnittstellen zur Produktion bewusst ist und die gleichzeitig die immer komplexeren Produktionstools kennen. Durch den fortschreitenden Digitalisierungsprozess und die vernetzte Produktion sowie die neuesten Errungenschaften der Sendeautomatisierung werden künftig die Redaktions- und Produktionsaufgaben noch weiter zusammenwachsen. Die Grenzen der einstigen Aufgabenverteilung zwischen Redaktion und Produktion verwischen zunehmend. VJs waren die Vorboten dieser Entwicklung. Heute kann man dabei zusehen, wie Redaktion und Produktion – zwei ehemals getrennte Sphären – zusammenwachsen. Das hat auch sein Gutes. Ich spüre heute eine größere Kollegialität unter allen Fernsehkollegen. Größer als sie zu meinen Ausbildungszeiten der Fall war.

Zurück zum Thema Live-Fernsehen. Was glauben Sie, welche Bedeutung wird es in Zukunft im Alltagsbetrieb der Sender spielen?

Wohin auch immer sich das Fernsehen entwickeln wird: Live-Sendungen hatten und haben einen immer größer werdenden Anteil am Erfolg – und manchmal auch am Misserfolg der Sender. Sie werden künftig noch wichtiger werden. Denn Filme und Serien kann sich der Zuschauer downloaden. Das Live-Erlebnis dagegen nicht. Wenn das Fernsehen mit diesen Entwicklungen Schritt halten will, muss auch das Live-Fernsehen neu gedacht werden. Sicherlich sind noch viele Anstrengungen notwendig, um das wertvollste Erbe des Fernsehens auf Dauer in Schuss zu halten.

Kehren wir zurück zu den Kernthesen Ihres Buches. Was ist Ihre Mission? 

Ich möchte ganz allgemein ein „Sendungsbewusstsein“ vermitteln. Der Begriff ist dabei durchaus doppeldeutig gedacht: Weil ich fast ein halbes Leben mit journalistischer Studioproduktion verbracht habe, die Hochs und Tiefs hautnah miterlebt habe, geht es mir auch ein Stück weit um persönliche Sichtweisen und Haltungen – die kritischen eingeschlossen. Außerdem ist mir ein besseres Verständnis der Zusammenhänge wichtig. Wer sich im High-Tech-Kosmos der Live-Sendung bewegt, muss gleich auf mehreren Gebieten sattelfest sein – in der Psychologie, bei Technik- und Gestaltungsfragen und im Marketingdenken. Zur Produktion einer Sendung gehört neben ausgeprägtem Teamgeist schließlich auch gute Laune und eine gehörige Portion Optimismus. Im Kampf um die Gunst des Zuschauers gilt es, locker zu bleiben und dabei stets höchste Professionalität an den Tag zu legen. Wer dies verinnerlicht hat, schafft auch die Live-Sendung.

Was würden Sie sich für den Fernsehalltag konkret an Verbesserungen wünschen?

Auch nach vielen Jahren in der Live-Produktion empfinde ich es immer noch als Privileg, dies zu tun. Um Fernsehen erfolgreich machen zu können, braucht es vor allem eines: Leidenschaft. Ich wünsche mir, dass dieser Funken der Live-Begeisterung auf den Leser überspringt. Mein Buch soll Lust darauf machen, das oben beschriebene Fernseh-Universum zu betreten, darin einzutauchen und sich auf die wechselvollen Aufgaben und Situationen einzulassen. Denn gut gemachtes Fernsehen soll schließlich nicht nur die Zuschauer faszinieren, sondern auch die Macher. In jedem Fall sollte der Leser nach dieser Lektüre den Geheimnissen der Live-Produktion ein Stück weit näher gekommen sein.

 

Das Gespräch führte Rupert Sommer.

Rupert Sommer
Für den erfahrenen Medienjournalisten und Fernsehliebhaber, geboren 1972 in der TV-Metropole München, fängt der Arbeitstag bereits mit dem an, was viele als die Krux der Fernsehbranche betrachten: Als Redakteur des Mediendienstes „kressreport“ analysiert Rupert Sommer jede Früh die TV-Quoten der deutschen Senderlandschaft. Weil man Inhalt und Form nicht trennen sollte und weil nackte Zahlen wenig über Qualität aussagen, ist Rupert Sommer der Blick „hinter die Kulissen“ – auf die Macher, Produzenten, Kreative und nicht zuletzt auf Schauspieler und Moderatoren – besonders wichtig. 

Neben seiner Tätigkeit als Korrespondent des „kressreport“ in München schreibt der 43-Jährige unter anderem für die Medienagentur „Teleschau“, deren Fernseh- und Kino-Hintergrundberichte, Reportagen, Interviews und Rezensionen Eingang in viele Medien- und Fernsehseiten sowie Online-Präsenzen der großem deutschen Medienhäuser finden. Zudem beliefert er regelmäßig selbst Tageszeitungen wie „Süddeutsche Zeitung“, „Abendzeitung“ und „Handelsblatt“ und behält die Kunst- und Kulturszene seiner Heimat für das Stadtmagazin „IN München“ im Blick. Sommers ganze Leidenschaft gilt dem Film, aber auch den Momenten, in denen das Fernsehgerät einmal ausgeschaltet bleiben darf, wenn er sich „live“ realen Kulturereignissen oder den Münchner Hausbergen und Seen widmet.