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Einzigartig: Der Moderator als Marke

Nur wenige sind zum Fernsehmoderator geboren. Und Meisterschaft wird erst nach jahrelanger Bildschirmpräsenz erreicht. Selbst wenn jemand alle Voraussetzungen zum Moderieren mitbringt, heißt das noch lange nicht, dass der Sprung auf die Mattscheibe geschafft ist. Die Konkurrenz ist groß. Jeder will auf einem attraktiven Sendeplatz bei einem großen Sender landen. Wer eine Karriere vor der Kamera im Sinn hat, kommt nicht umhin, sich mit konsequentem Eigenmarketing zu beschäftigen. Das heißt: Man muss lernen, sich selbst zu führen – ähnlich wie ein Unternehmen – und sprichwörtlich zur Marke werden. Als Vorbild könnten zum Beispiel die Mainzelmännchen dienen, die es über Jahrzehnte hinweg geschafft haben, sich in die Herzen der Zuschauer zu spielen. Mit ihrem fröhlich-verzerrten Ausspruch „Gudn Aaaaaahmt“ haben sie sich ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen. Die spaßigen Gnome des ZDF kennt jedes Kind.

„Wer soll man denn sein? Wer ist denn schon wer?“, fragte der Entertainer Harald Schmidt einst süffisant, und spielte damit auf die multiplen Identitäten an, die das Fernsehen bevölkern. Vorbei sind die Zeiten, in denen der Moderator nur er selbst zu sein brauchte. In der Multikanalwelt ist Imagebildung unabdingbar.

Alleinstellungsmerkmale von Moderatoren können verschiedenster Natur sein: Comedians beispielsweise tragen manchmal eine schräge Frisur (Atze Schröder), die Wiederkennung sicherstellt, oder einen spießigen Hut, ein rotes Karohemd und ein altbackenes Accessoire wie eine Männer-Handtasche (Erwin Pelzig). Im politischen Journalismus wird es schon schwieriger, ein eigenes Profil zu entwickeln. Friedrich Nowottny war im Bericht aus Bonn einer der ersten Fernsehmoderatoren, der mit einer prägnanten Schlussfloskel versuchte, eine persönliche Note zu etablieren. Am Ende einer Sendung setzte er immer sein verschmitztes Lächeln auf, und nach einer betont langen Zäsur erfolgte die knappe Überleitung: „das Wetter“. Auf eine „wörtliche“ Verabschiedung verzichtete Nowottny bewusst. Die Schlussfloskel war die Verabschiedung. Als Zuschauer fieberte man gleichsam dieser immer gleichen und damit erwartbaren Pointe entgegen. Viele Moderationskollegen nahmen sich den markenbildenden Effekt durch das Abschiedsritual des gewitzten Politprofis zum Vorbild und zogen mit eigenen Schlussfloskeln nach – darunter wohl am prominentesten der nicht minder lakonische Tagesthemen-Moderator Ulrich Wickert.


Beispiele für markenbildende Schlussfloskeln

  • Thomas Roth (umsorgend): „Kommen Sie gut durch die Nacht.“
  • Jürgen Fliege (väterlich): „Passen Sie gut auf sich auf.“
  • Nina Ruge (charmant): „Alles wird gut.“
  • Wolfgang Klein (lächelnd): „ Und wir sehen uns morgen wieder,
    wenn Sie mögen.“
  • Tom Buhrow (versöhnlich): „… und morgen ist ein neuer Tag.“
  • Ulrich Wickert (mit Augenzwinkern): „Ihnen eine geruhsame Nacht.“